
Österreichs Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) fordert bei einem Treffen der EU-Agrarministerinnen und -minister am Montag in Brüssel erneut, dass die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung verschoben wird. Diese soll laut jetzigem Plan mit Jänner 2025 in Kraft treten. Totschnig sorgt sich, wie er sagt, wegen der damit einhergehenden Berichtspflichten für die Produzenten.
„Die neue EU-Kommission ist dringend aufgefordert, den Green Deal einem Fitness-Check zu unterziehen. Es braucht einen Aktionsplan, der mit Anreizen und nicht mit ideologiegetriebenen Verboten arbeitet“, forderte Toschnig.
„Es ist Mitte Juli, wir wissen nicht, wie das genau zu erfolgen hat“, sagte er gegenüber Journalisten in Brüssel. „Wir haben Hunderttausende Betroffene, (…) die noch nicht wissen, was auf sie zukommt.“ Er teile das Ziel der Entwaldungsverordnung, so Totschnig. “Die Frage ist, wie mache ich das klug, sodass es auch nicht zu einem bürokratischen Mehraufwand führt.“
Die EU-Entwaldungsverordnung soll verhindern, dass Produkte auf den europäischen Markt kommen, für deren Herstellung es zu Entwaldung kam – also eine Waldfläche dauerhaft in Agrarfläche umgewandelt wurde. Zu den betroffenen Waren gehören neben Holz auch Rinder oder Soja.
Auf die Frage hin, warum man nicht schon früher im Gesetzesprozess Bedenken angemeldet habe, verwies Totschnig auf das damals (2022) „sehr intensive Arbeitsprogramm“ mit vielen Gesetzesvorlagen, die auf dem Tisch gelegen seien. Zudem sei auch Kritik angebracht worden und es seien bereits Abänderungen vorgenommen worden.
Die Naturschutzorganisation Greenpeace kritisiert den erneuten Vorstoß des Ministers in einer Aussendung. „Die ÖVP holt zu einem neuen Schlag gegen die Natur aus. Mit Falschinformationen macht sie Stimmung gegen die so wichtige Verordnung zum Schutz unserer Wälder“, wird Ursula Bittner, Sprecherin von Greenpeace Österreich darin zitiert. „Der geringe Mehraufwand von Österreichs Waldbesitzenden steht in keinem Verhältnis zu dem Nutzen für die Biodiversität“, führt auch der Biodiversitätsforscher an der Uni Wien, Franz Essl, in dem Schreiben aus.
Totschnigs Anliegen findet aber unter seinen Kollegen im Rat der EU-Agrarminister durchaus Anhänger. So äußerten sich seine finnische Kollegin Sari Essayah und Deutschlands Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) ähnlich. Eine von Totschnig eingebrachte Note – in der unter anderem auch ein Absenken des Schutzstatus von Wölfen sowie ein „Fitness-Check für den Green Deal“ gefordert wird – wurde im Vorfeld offiziell von Tschechien, Finnland, Griechenland, Litauen, Polen und der Slowakei mitgetragen. Laut Angaben des Landwirtschaftsministeriums haben am Ende 21 EU-Länder den Forderungen an die EU-Kommission zugestimmt.