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Kurz-Verteidigung sieht Allgemeinheit „angelogen“

Sebastian Kurz erschien am Mittwoch als Beschuldigter vor Gericht © APA/GEORG HOCHMUTH

Der Prozess gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen falscher Beweisaussage hat am Mittwoch unter regem Medieninteresse begonnen. Kurz und seinen Mitbeschuldigten – der ehemaligen ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner und seinem Ex-Kabinettschef Bernhard Bonelli – wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Falschaussage vor dem Ibiza-U-Ausschuss vorgeworfen. Diese sieht nicht nur die Abgeordneten, sondern die Allgemeinheit „angelogen“.

Die Wahrheitsfindung in U-Ausschüssen sei genau so wichtig wie bei Gerichtsverfahren, betonte der Vertreter der WKStA beim Verlesen des Strafantrags. Ein parlamentarischer U-Ausschuss ziele wie ein Gerichtsprozess zwar nicht auf ein Urteil ab, schaffe aber die Entscheidungsgrundlage für mögliche politische Konsequenzen und sei von ganz entscheidender Bedeutung für die Gesetzgebung. Angelogen worden seien „nicht die jeweiligen, die Fragen stellenden Abgeordneten, sondern die Allgemeinheit“, befand die WKStA.

Gleich zu Beginn hatte Kurz’ Verteidigung erfolglos einen Richterwechsel beantragt, da der Vorsitzführende Michael Radasztics nicht objektiv sein soll. Als Grund wurden dessen angebliche Kontakte zum ehemaligen Politiker Peter Pilz im Zuge des Eurofighter-Verfahrens genannt. Meinungen anderer hätten ihn nicht zu interessieren, argumentierte der Richter seine Abweisung des Antrags. Es gebe weder eine persönliche Beziehung noch ein Vertrauensverhältnis zu Pilz.

Kurz hatte sich vor dem Prozess-Auftakt zuversichtlich gezeigt. Seit zwei Jahren gebe es die Vorwürfe der WKStA, sagte der Ex-Kanzler, der vor Prozessbeginn vor einigen der über 80 angemeldeten Medienvertretern Stellung nahm. Er sei überzeugt davon, dass sich diese als falsch heraus stellen werden und beteuerte – wie auch Bonelli und Glatz-Kremser im Vorfeld – seine Unschuld.

Zurück führte Kurz die Vorwürfe auf ein „Zusammenspiel aus Politik und WKStA.“ Letztere habe „immer, wenn es zwei Möglichkeiten gab, es auf die für mich ungünstigere interpretiert“, so der Altkanzler. Er sei „nicht der erste, und nicht der letzte“ Politiker in dieser Situation. Mit zwei Jahren Abstand von der Parteipolitik sehe er es als „Familienvater und Unternehmer“ bedenklich, „wenn mit Anklagen Politik gemacht wird.“

Für die Verhandlung gegen die drei Angeklagten sind bisher drei Termine bis zum 23. Oktober anberaumt. Kurz hatte bereits in einer schriftlichen Gegenäußerung einen Freispruch verlangt. Der ehemalige Bundeskanzler wird möglicherweise erst am zweiten Verhandlungstag, dem Freitag, ausführlich zu Wort kommen, sollten die Eröffnungsvorträge der WKSA und der drei Verteidiger länger dauern.

Zeuginnen und Zeugen sind vorerst noch keine geladen – zu deren Befragung werden wohl weitere Verhandlungstermine ab November vonnöten sein. Die WKStA hat in ihrem schriftlichen, über 100 Seiten umfassenden Strafantrag die Befragung von nicht weniger als 18 Zeuginnen und Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung beantragt. Kurz und Bonelli wird von der WKStA vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt.

Glatz-Kremsner soll sowohl vor dem U-Ausschuss als auch bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Ermittlungsverfahren der WKStA zur Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der Casinos Austria AG wissentlich die Unwahrheit gesagt haben. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Das Medieninteresse am Prozess ist beachtlich. Aus Platzgründen musste das Kontingent für Medienschaffende eingeschränkt werden.

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